Die Rumtreiber – Am anderen Ende der Welt


März 8, 2010

Durch Neuseeland wird nicht gerast! Nach Greymouth und Picton über Haast.

Category: In ca. 80 Tagen von Bluff nach Picton – Nils-&-Babs 9:17 pm

Natürlich verirren sich auch Hobbyrennfahrer verschiedenster Nationen hier ins schöne Neuseeland. Ganz zu schweigen von den hausgemachten Boyracern. Auto tiefer gelegt, so unscheinbar wie möglich präpariert und selbstverständlich werden die Reifen alle paar Tage nach einem fachgerechten Burnout gewechselt.

Aber wer mit einem Working Holiday Visa bestückt nach Neuseeland kommt, hat leider meist nicht die Zeit für ein fachgerechtes Autotuning. Vielleicht liegt es aber auch am nötigen Kleingeld. Oder wie könnte man sich sonst die riesige und rostige Flotte der Altachtundsechziger hier erklären? Der findige Leser merkt hier natürlich sofort, dass es sich dabei um die Autos und Busse der Scharen von Backpackern handelt.

Sicherlich wäre auch mit schnellen Autos hier in Neuseeland niemandem geholfen. Die Straßen winden sich gebogen unter den Reifen entlang und haben auch sonst so gar nicht den Charakter einer Hochgeschwindigkeitsstrecke. Natürlich sollte man auch die Landschaft nicht vergessen. Viel zu schön, um daran vorbei zu rauschen. Schnelle Autos kann und sollte man dann doch lieber auf der größten, einzig international und überall anerkannten Sehenswürdigkeit Deustchlands nutzen: der Autobahn. Jedem Hobbyauswanderer würde ich hierzulande jedoch die geräumige, die Natur übertrumpfende, die spritschleudernde Alternative ans Herz legen. Den allradbetriebenen Männertraum, das Überallfahrzeug, kurz ein Auto, das „Explorer“, „Jeep“ oder „Ornanierer == Pajero“ im Namen trägt.

Während wir aufgrund der Strecke wieder einmal etwas langsamer unterwegs sind und der ein oder andere Autofahrer freundlich grüßt nachdem er uns überholen konnte, stellen sich gleich 3 Erkenntnisse ein. Erstens, der Rote Baron fährt nur so schnell wie er möchte. Zweitens, spätestens nach dem Lookout haben uns diese drei aufgemotzten Autos wieder vor der Nase, denn wir halten hier garantiert nicht an und Drittens, wer hinter dem Roten Baron fährt, während es bergauf geht, weiß wie Benzingase nach kurzer Zeit eine Begehrlichkeit fürs Klebstoffschnüffeln wecken.

Alles in allem ist der Haast Pass natürlich nicht wirklich schwierig zu befahren. Dazu reicht eine motorbetriebene Achse voll aus. Die Straße schlängelt sich grazil durch Berg und Tal, vorbei an schneebedeckten Bergeshöhn, vorbei an allem was die neuseeländische Baumwelt zu bieten hat und natürlich ist auch ein Flüsschen nie weit weg. Und bei der Geschwindigkeit, die wir bergauf erreichen, überlege ich mir schon fast, ob es sich lohnen könnte die Angel auszuwerfen. Beim Hochseefischen klappt das ja auch.

Über den Haast Pass

Schneller als der Baron, ein Fluss

Irgendwann schließlich kann man dann nicht anders. Man parkt, steigt aus und springt am Ufer eines der viele Flüsse entlang um sich die Beine zu vertreten. Zeit für ein Bad oder nur um die Hände zu waschen, angeln, Wäsche waschen oder einfach nur, weil man mal wieder nach Pounamu ausschau hält. Ein 70 Kilo Steinchen dieser wunderbaren neuseeländischen Jade sollte ausreichen, um auch dem Roten Baron ein ordentliches Tuning zu ermöglichen. Natürlich nicht tieferlegen oder so etwas absurdes. Nein, eine eingebaute Popcornmaschine, eine Heizung, Kühlschrank und eine Lüftung für den Ort an dem mein Fischköder lagert.

Unser “Beine vertreten” Flüsschen

Zeit, mein Arschgeweih in einem Bild unterzubringen

Wenn es Nacht wird in Neuseeland, dann gehen auch bei uns die Jalousien herunter. In unserem Fall sind es meist Handtücher aus ökologisch angebauter Baumwolle. Klar, der Isolierwert ist niedrig und jedes hat eine andere Farbe. Aber so muss man sich auch nie die Mühe machen, um am Morgen aufwendig nach etwas zum abtrocknen zu suchen. Hier also ein Einblick in 5 Quadratmeter Gemütlichkeit. Alles inklusive langer Unterhosen und Festbeleuchtung.

Home Sweet Home

Da wir in Haast keine Unterkunft finden geht es in Richtung Jackson Bay. Ein kleiner Campingplatz mitten im Wald. Das trifft sich prima, denn ich habe einige Dinge zu erledigen und spüre obendrein das zwingende Verlangen, mich mit Deutschland in Kontakt zu setzen. Kein Problem, gibt es doch vor Ort eine überaus unerschwingliche Satellitenverbindung zur Welt da draußen. Leider wird aus der „easy“ kabellosen Verbindung eine jagt mit Laptop und Rucksack quer durch Campervans, Versorgungshütten und Aufenthaltsräumen des Parks. Am Ende gelingt mir die Verbindung, weit reiße ich meine Hände mit geballter Beckerfaust in die Höhe als … der Satellitenuplink zusammen bricht. Biberkacke. Warum der Abend trotzdem noch gerettet wurde? Das haben wir Familie Stuart zu verdanken. Mit Kind, Kegel und ein paar von Franks Freunden von der Arbeit sind sie zum Whitebait fischen angereist.

Frank und sein Kumpel verlegen Weidezäune in den Hochlandregionen Neuseelands und wissen ganz genau wie der Hase läuft. Bevor die Arbeit losgeht, muss getankt werden. Wahlweise Bier und Wiskey. Frank, die Stuarts und ihre Freunde haben offensichtlich ihren Tagespegel überschritten. Denn als sie sich zu einer plauschigen Runde um uns am Tisch versammeln, beim Reden die Bröckchen fliegen und Frank aus dem Schlafzimmer der Kinder unter lautem gepolter Biernachschub holt (Yeah! We call it Freibier.) merken wir das Franks Freund den leeren Stuhl neben uns anschaut, wenn er mit uns spricht. Erstaunlich ist, dass Frank und er, während sie „angeln“, jeder 20 Bierdosen vertilgen und mit Wiskey nachspülen. Abends dann, wie sollte es anders sein, stimmt Franks Frau mit ein. Die allerdings trinkt ein reines und softes Frauengetränk. Rum, unverdünnt. Ich frage mich was die Kinder bekommen. Alkopops, um leicht einzusteigen in die Familientradition?

Schließlich ist es auch Frank, der uns die Lektion des Tages offenbart, nachdem wir fragen wie sie dieses Pensum bloß durchstehen. Die Antwort ist denkbar einfach: „It’s not a holiday for the body, you see.“ Was lernen wir daraus? Der starke Geist triumphiert wieder einmal über den Körper.

Der nächste Morgen bringt uns näher an die Jackson Bay heran. Auf unserem Weg treffen wir Delphine, die wir promt nach dem Weg fragen. Ein herrliches Land.

Wegweiser-Delphine

Mittagspause

Es hat angefangen zu nieseln. Nach kurzer Absprache mit meiner Socke, entschließe ich mich dennoch kurzerhand den Aufenthalt in Jackson Bay zum Angeln zu nutzen. Babs beschließt mir nicht zu folgen und zu lesen. Aber was könnte es schöneres geben, als bei Nieselregen ungestört zu angeln.

Ein Steg zum Anglerglück

Die Weissagungssocke

Mann mit Möwe

Port Jackson

Natürlich habe ich auch an diesem Tag nichts gefangen, das einen Fischmord rechtfertigen würde. Allerdings wurde ich von einer Pelzrobbe mit einem lauten Schniefen überrascht, die mir freundlich Hallo sagen wollte. Danke kleiner Freund, auch wenn ich fast die Hosen voll hatte und fast ins Meer gehüpft wäre. Ich gebe es zu. Ich erwarte, dass eines Tages ein riesiger Wal nach oben schwimmt, angelockt von meinem Fischköder und den ganzen Steg einreist. Ja, so gefährlich leben wir Hobbyfischer.

Da liegen die Wale versteckt

Rutenzauber

Und was kommt pünktlich mit dem Sonnenschein? Die Abreise natürlich. Ohne Fisch, dafür aber mit Äffchen, geht es in Richtung Fox Gletscher. Go Speed-Racer, go!

Geschwind durch Wald und Flur

Die Whitebait-Fischer schlafen womöglich noch ihren Rausch aus. Ihre selbst gebauten kleinen Fangstationen sind jedoch weithin sichtbar auf dem Weg nach Norden.

Whitebaitfang

Die Straße führt uns oft ganz nah an der Küste entlang. Inklusive wundervoller Ausblicke und einer mit dem Lineal gezogenen Grenze der immerfeuchten Wälder zur Küste.

Südwestküste Neuseelands

Still gestanden!

Am Fox Gletscher angekommen werden sofort die Wanderschuhe ausgepackt. Ein riesiger alter Fuchs erwartet unsere Begutachtung. An der ersten Absperrung angekommen, wird die Zeit für einen Blick über das Tal und den Gletscher genutzt. Kurz danach wird diese dann wie üblich überschritten. Wir nähern uns dem kalten Giganten bis auf Wohlfühlabstand.

Gletscher-Tourismus

Der Fox-Gletscher

Über Stock und über Stein folgen wir dem Geröll und den Schmelzwasserflüsschen bis zum Fuße des Gletschers. Vielleicht nicht ungefährlich und vielleicht nicht angebracht. Immerhin sollten erfahrene Touristenführer gebucht werden, um sich mit Spitzhacke und Stiefel den Weg bis nach oben zu ebenen. Wir begnügen uns mit der „Von-Unten-Ansicht“ und schauen auf zehntausende Jahre altes Eis, dass sich, Klimawandel sei dank, auch hier immer schneller zurück in flüssiges Wasser verwandelt.

Berge aus Eis

Ein Fuchs schmilzt dahin

Ein Fuchs schmilzt dahin 2

Heran bis auf Abschleckentfernung

Unsere Kuriosität des Tages bildet eine kleine Münze irgendwo im Geröll inmitten der eisigen Falten des Gletschers. Eine weitere Glücksmünze in unserer Sammlung. Wahrscheinlich sogar eine aus dem prähistorischen Neuseeland.

Das Geld liegt hier auf der Straße

Ein letzter Blick zurück und nach vorn. Der Baron friert sicherlich schon bei all dem Eis.

Der Blick zurück

Der Blick nach vorn

Und endlich treibt auch ein kleines Stück Ur-Eis an uns vorbei. Nun also kann ich mal einen echten Gletscher abschlecken. Babs hält sich bescheiden zurück und überlässt den Brocken mir. Mein bisher ältestes Eis ohne Stil. Das wäre sicherlich auch für Cuba Libre geeignet gewesen.

Ein Schatz aus Eis

Eis mit Eisgeschmack

Nach so einer leicht bekömmlichen Mahlzeit bleibt uns nur der Weg zurück ins Basislager. Wir werden erwartet. Auf mich wartet etwas Arbeit und Mr. Speights. Babs wird heute von der Campingküche und den Frohlockungen des Outdoor-Kochens herbei gesehnt. Und so romantisch mir jetzt die Arbeit unterwegs erscheint, so glaube ich, dass die größte Herausforderung jedes mal die Steckdose war. Eine zu finden kann schon mal bedeuten, den Wasserkocher zu entführen, um die freie Dose zu bekommen. Und während sich die Reisenden und Camper so langsam auf den Weg ins Bett machen, um am nächsten Tag ausgeschlafen nach dem verschwundenen Wassserkocher zu suchen, sitze ich am kleinsten und freiesten Büroarbeitsplatz der Welt und bin verbunden mit der großen weiten Welt. Ich denke man kann sagen, dass ich das Homeoffice 2.0 erfunden habe. Das Rumtreiberoffice. Sprechstunde nur nach Vereinbarung von Ort und Zeit oder weil man zufällig grade auch da ist. Gerne kann auch gegrillt werden.

Grüne Dämmerung

Das Leben im Basislager, hart und ohne jegliche High-Tech.

Ein neuer Morgen und nur noch wenige Tage Zeit bis Picton. Unser erster Kontakt zu Freunden aus der alten Welt erwartet uns. Wenn man da nicht aufgeregt ist, nach fast einem Jahr Zweisiedlerei. Und endlich können wir mal live, beim vom uns meist verschickten Postkartenmotiv, anhalten. Dem Lake Matherson. Ein kurze Schlenderei um diesen Spiegelsee, eingefasst wie ein kleiner Edelstein inmitten eines Ringes aus Bergen, die auf jeder Müslipackung ein gutes Bild machen würden. Und wie jeder hier versuchen wir ein grandioses Bild, der im See gespiegelten Berge zu bekommen. Es gelingt uns nicht.

Lake Matheson

Wir schlendern …

…und wir träumen von Müsli

Mag am trüben Tag liegen. Oder auch daran, dass wir noch nie viel Lust dazu hatten, alle Zeit der Welt daran zu setzen das perfekte Bild zu schießen. Warum die Welt immer nur durch die Linse sehen zu müssen für so vielen Menschen zur Obzession wird. Am besten beobachten kann man das eigentlich an fast an jedem schönen Fleck dieser Erde an den viele Touristen kommen. Wenn ich dann so vor mich hinsehe und mir die untergehende Sonne anschaue oder die Tautropfen im Wipfel der Bäume, dann kann ich sehen wie die Tasten der Fotoapparate anfangen zu glühen. Menschen verrenken sich, grinsen blöd, posieren und schiessen geschätzte dreißigtausend Bilder in der Minute. Zum Glück kann man heutzutage alles am Minimonitor verfolgen, sonst hätte man wahrscheinlich einen kastenförmigen Okularabdruck am Auge. Vielleicht ist das auch so, weil man nur so wenig Zeit hat, wenn man im Urlaub ist.

Das sind die Momente in denen wir uns glücklich schätzen können, hier am anderen Ende der Welt vor allem eines zu haben, Zeit. Zeit an einer x-beliebigen Stelle der Straße anzuhalten, um zu Frühstücken, egal ob das laut Reiseführer der beste Platz des Landes dafür ist. Zeit einfach nur den uralten Wald zu beobachten, indem sich bestimmt gerade Wekas mit Kiwis um den besten Schlafplatz streiten oder die kleinen Steine im Fluß. Zeit, um mit dem alten Besitzer eines Secondhand-Buchladens über sein Leben zu plaudern und den besten Carrot Cake im Stehcafe um die Ecke zu essen, weil man gerade mal da ist.

Und so kommt es auch, dass wir an folgendem Strand angehalten hatten. Einfach so. Ich kann mich nicht mal an den Namen der Gegend erinnern. Wer ihn gern auch mal besuchen möchte achtet einfach auf folgendes Straßenschild und biegt dann ab.

Schilder für Touristen

Blöd grinsen, Posieren, ich sag ja … Touristen

Strand Nr. 234

Strand Nr. 234 a

Strand Nr. 234 b. oder c.

Auf jeden Fall war Strand 234 sehr gut besucht. Kleine Austernpicker kreischen mal wieder die kleinen Steine am Strand an und anschließend sich selbst. Robben sonnen sich und niemand sieht ihnen dabei zu. Na zumindest 99,9 % des Jahres ist das wohl so. Heute haben sie alle Besuch. Gestört hat sie das freilich nicht. Und so haben wir dieses Mal zwar keinen Carrot Cake, aber immerhin den besten Ausblick der Welt. Jedenfalls in diesem Moment, zu dieser Zeit und genau an diesem Ort.

Oyster Picker bei ihrer Lieblingsbeschäftigung

Was Robben tun wenn keiner zusieht

Wird man allerdings beim entdecken entdeckt, nimmt der ein oder andere Strandbewohner natürlich reisaus. Ganz voran die Kleinsten. Paparazzi kann eben keiner leiden.

A little one

Ciao Ragazzi!

Greymouth hat uns ein weiteres Mal zu Gast, wenn auch nur für eine Nacht. Und statt grau ist mal alles … blau. Die Sonne geht und wir bleiben. So einen Sonnenuntergang sollte man nicht unbeaufsichtigt lassen.

Sunset in Greymouth

… da hat es selbst der Mond eilig

Der nächste Morgen läutete dann auch endlich einen der beschriebene Frühstücks-irgendwo-stopp-Tage ein. Schnell aufstehen und losfahren, da man mal wieder verbotener Weise irgendwo übernachtet hatte und weiter bis zur nächst schönsten Straßenbucht. Gemütlich Zähne putzen, Sandflies abwehren und einen aromatischen Kaffee aus der Blechtasse genießen.

Boxenstopp

Morgendlicher Buszustand

Nach so viel Gemütlichkeit war Shopping angesagt. Der nicht kühlende Kühlschrank im Roten Baron muss mal wieder aufgefüllt werden. Und als der volle Einkaufswagen verladen ist, streik unser Baron plötzlich. Er will sich erst nicht öffnen lassen und anschließend nicht mehr schließen. Und so wird in Murchison angehalten, um einen unserer vier Schraubendrehen auszupacken. Ein kurzer Blick hinter die Abdeckung verrät: Der Vorbesitzer war anscheinend ein meister der Origami-Reparatur. Mir fällt ein Taschentuch entgegen, das scheinbar all die Tage zuvor den Türdrückermechanismus reguliert hatte. Zeit, dass das mal professionell repariert wird. Mit Superklebeband, etwas Holz, einem Gummi und etwas Öl. Hält mindestens doppelt solange wie ein Taschentuch.

Profi mit Profiwerkzeug und Profireparaturzubehör

Picton ist nun nicht mehr fern und ich kann den Nachmittag nutzen, die Angel den Wellen entgegen zu werfen. Babs widmet sich der häuslichen Ordnung und ihren Magazinen. Immerhin soll der Baron morgen einen guten Eindruck machen.

Um in der wilden Brandung als wahrer Angler bestehen zu können habe ich vor allem eines gelernt. Schneller zu sein als die Wellen. Zieht sich das Wasser zurück rennt man auf die See zu, wirft ungeziehlt die Angel aus und rennt los was das Zeug hält. Was für ein Nachmittag. Boom Baby. Den Namen von diesem Strand habe ich allerdings leider auch schon wieder vergessen.

Ein Strand bei Picton

Ein Strand bei Picton 2

Profifischen

Renn Fischersmann, renn!

Bei so einer perfekten Technik brauche ich natürlich nicht über die Angelerfolge sprechen. Ich sage nur soviel. Zum Abendessen gab es schöne, leckere, perfekt gebratene … Nudeln. Und fast hätten wir uns auf der wunderbaren Abkürzungsstrecke noch um das Vergnügen einer Unterkunft für die Nacht in der Nähe von Picton gebracht. Und dann hätten wir außerhalb campen müssen. Und das hätte wiederum ein frühes Aufstehen zum rechtzeitigen Abholen unserer Gäste bedeutet.

Aber zum Glück haben wir es noch rechtzeitig geschafft. Und der Scenic Drive nach Picton kann sich sehen lassen. Es wird nicht nur staubig, sondern auch recht holprig. Und so kam es, dass unser kleiner Freund der Basilikum disloziert wurde. Ein schönes Wort zum nachschlagen und unser ganz persönlicher Beitrag zum Bildungsauftrages des Internets. Abgestürtzt ist der kleine trotz des Fremdwortes leider aber trotzdem. Aber kein Grund zur Panik. Er wurde rechtzeig vorm Verdursten wieder umgepflanzt.

Scenic Drive nach Picton

Scenic Drive nach Picton 2

Das war es also. In 80 Tagen von Bluff nach Picton. Das hätten Phileas Fogg und Passepartout auch nicht besser hin bekommen. Natürlich haben sie es in der selben Zeit einmal um die ganze Welt geschafft. Aber wer will das schon in nur 80 Tagen …

Bis die Tage,

die Rumtreiber

Oktober 25, 2009

Schafe und Kühe in Horden: Von Bluff in Richtung Norden

Category: In ca. 80 Tagen von Bluff nach Picton – Nils-&-Babs 9:54 pm

… so lang … also genauer gesagt soooooooo lang ist es her. Der letzte Lebensbeweis einer Reise quer durch Neuseeland und Australien. Unserer Reise.

Das wird ab jetzt geändert. Nicht das es still geworden wäre um die Rumtreiber … ich musste nur einmal meinen Komfortbereich verlassen und wieder etwas schreiben. Mal sehen, wo waren wir. Im Jahre 2008. Es ist Oktober und während sich die Nordhalbkugel auf Herbst, bunte Blätter und das erste Weihnachtsgebäck im Supermarkt freut, reisen zwei am anderen Ende der Welt dem Frühling entgegen. Ich erinnere mich noch als wäre es letztes Jahr gewesen … der Vorhang hebt sich, die Lichter werden gedimmt und es kommt zum Vorschein … eine lauwarme Geschichte. Psssst, es geht los!

Bestimmt hat jeder schon mal bemerkt, dass einige Mitspieler beim Kartenspielen manchmal nicht ganz nach den Regeln spielen. Auf neudeutsch nennen wir das bluffen. Aber nicht nur Kartenspieler bluffen. Politiker tun es, Großindustrielle, Du und Ich. In Neuseeland tuen es vorzugsweise Stadtplaner. In einem geschickten Coup aus dem Jahre 1902 hatten sich 13 Schafsfarmer zusammen geschlossen, um für ihre Ländereien Stadtrechte zu bekommen. Dies war die Geburtsstunde der Stadt Reggahspeehs. Damit wollten sie sich nicht nur das Recht auf die Bierbrauerei sichern, sondern außerdem die umliegenden Milchfarmen eingemeinden, Steuervergünstigungen erhalten und Ansichtskarten drucken lassen. Der Schwindel flog erst 6 Jahre später auf, als die sogenannte Stadt bereits ein gut florierendes Tourismusgeschäft betrieb und sich die Bevölkerung um mehr als 400 % erhöht hatte. Daher beschloss man passender Weise, den Namen der Stadt in Bluff zu ändern.

Natürlich könnte ich mir diese Erzählung hier auch ausgedacht haben, um eine abgedroschene Geschichte zum kleinen Städtchen Bluff aufzutischen … wer weiß. Ein kleiner Restzweifel besteht also.

Wie jede südlichste, westlichste, östlichste oder nördlichste Stadt dieser Welt hat natürlich auch Bluff zwei Dinge. Einen super Ausblick auf das südlichste, westlichste, östlichste oder nördlichste Ende einer Landmasse und … einen Wegweiser den man als Hobby-Ballonfahrer nutzen kann um seiner Weltumrundung zu starten.

Der Ausblick bei Bluff

Von Bluff in die Welt

Die südlichste Stadt Neuseeland hat aber durchaus noch mehr zu bieten. Wind nämlich. Zur Illustration hier einmal zwei verschiedene windschnittige Frisuren. Als Model treten auf eine Gruppe Bäume und ich selbst. Damit es nicht zu Verwechslungen kommt, möchte ich betonen, dass mein Bild das Linke ist.

Frisur: Wind von rechts

Frisur: Wind von links

Wir verlassen Bluff in Richtung Catlins. Dabei begegnen wir ein paar Kälbern mit ihren Müttern auf einem Nachmittagsspaziergang. Keine brenzelige Situation, aber denoch schaut unser kleiner Aufpasser, unser Äffchen vorn rechts im Bild, besorgt zu mir herüber. Ich kann ihn beruhigen und wir können unseren Weg fortsetzen. Um alle Fragen von vorn herein aus dem Weg zu räumen: Ja, wir betrachten ein kleines Spielzeugäffchen als Teil unserer Gruppe. Immerhin ist er klein, sauber und sehr anspruchslos. Vor allem aber habe ich ihn aus einer Kinderüberaschung bekommen. Und irgendwie bekomme ich sonst immer nur diesen blöden Bastelkram …

Cows on the run

Familienspaziergang

Die Catlins begrüßen uns in üppigem Grün. Nicht schlecht, denn das passt zu unserem Roten Baron. Wir sind zu einer für uns sehr frühmorgentlichen Zeit bereits unterwegs um heute endlich einen Spaziergang am Slope Point zu unternehmen. Lange schon haben wir das vor. Auch Gelegenheiten hätte es wohl gegeben. Aber wir haben es uns aufgehoben, für diesen, heutigen Tag. Als wir allerdings am Anfang des Weges ankommen, werden wir vom streng militanten weißen Block aufgehalten. Lämmern. Es ist die Zeit der kleinen frischen Lämmchen und wir dürfen sie nicht stören beim … nunja … beim glücklich auf die Welt kommen. Sollen sie womöglich eine unbeschwerte Kindheit genießen bevor sie dann nach nur wenigen glücklichen Monaten auf Erden zu einem herzaften Lammgericht werden? Hier ist also kein Weiterkommen. Wir fahren weiter in Richtung Osten und beschließen nocheinmal, in Zukunft nie wieder ein Lammgericht zu essen, nachdem uns bei Betrachtung der Kleinen nur Wörter ohne jeglichen Sinn, aber dafür mit einem dezenten Modegeschmack einfallen („Gucci-Gucci-Gu“).

Der weiße Block

Zumindest ein Ausblick: Slope Point

Als zweiten Stop haben wir uns einige, sagen wir mal Wasserfälle, ausgesucht. Einer davon trägt sogar den trefflichen Namen „Niagara Falls“. Meine These hierzu ist, dass der Entdecker dieser sub-gigantischen Fälle einen Freund hatte, der wiederum eine Tante hatte, die irgendwo in der Zeitung mal was über die echten Niagarafälle gelesen hatte. Somit kannte er den Namen, assozierte ihn mit gigantischen Wassermassen und benannte das soeben neu entdeckte Sturtzbächlein. Warum sie ihm so gigantisch vorkamen? Wahrscheinlich weil er mit dem Wort gigantisch nicht vertraut war. Das passiert einem als Mann schon mal.

Nein … das sind sie noch nicht

Wunderbar! Die Niagara Falls

Zu unserm Glück liegt der kleine Wasserfall direkt am Grundstück eines Farmers. Und dessen Hund sorgt garantiert dafür, dass man nicht allzu gelangweilt aus der Sache heraus kommt. Fröhlich kommt er uns mit seinen Freunden entgegen, mit dem typischen Zeichen des freundlichen Hundes … dem Wackelschwanz und den gefletschten Zähnen. Wir entschließen uns schweren Herzens zur fluchtartigen Weiterfahrt. Nach so viel überwältigenden Eindrücken war der Nugget Point genau das Richtige. Ein Zuhause für Pelzrobben, Seelöwen, Gelbaugen Pinguine und vielleicht auch rote Kleintransporter.

Nugget Point

Nugget Point 2

Auch am Nugget Point werden wir nicht viel wandern, denn auch hier regiert das Schafsregiment. Nicht so schlimm, denn es lockt uns die Nostalgie weit vergangener Tage (wenn nicht so gar Wochen). Eine kurze Reise in unsere alte „Heimatstadt“ Dunedin. Wir wollen zwei Freunde, Kris und Sara, dort besuchen. Ich freue mich dabei besonders auf den kleinen Mo. Einen jungen Jack-Russel. Ich kannte ihn bereits als Baby-Hund und wollte einfach nur sehen, ob er bereits feste Nahrung bekommt. Ich will nur hoffen, dass inzwischen nicht nur Roadkill, zu deutsch überfahrene Possums, auf seinem täglichen Hundsespeiseplan steht.

Bevor der kleine jedoch Gassi mit uns gehen kann, muss der Hobbygärtner in jedem von uns überglücklich gestimmt werden. Der Frühling hält Einzug und das ist immerhin Zeit für ein ganz besonderes Schauspiel. Die Rhododendren-Blüte im botanischen Garten von Dunedin.

Bestäubungshelfer bei der Arbeit

Oktober Glocken

Rhododendren

Die Blumentante

Wir beobachten am anderen Ende des Parks wie die Rugbymanschaft der Universität von Dunedin ein kunstvoll choreografiertes Tanzstück einübt. Wahrscheinlich ist wieder einmal ein Semester erfolgreich geschafft, und zwar ohne allzu große Verluste von wichtiger Gehirnmasse beim allwöchentlichen Komasaufen. Natürlich zeigt dieser Tanz dem geübten Beobachter noch viel mehr. Nämlich das allseits gegenwärtige schottische Erbe der Stadt. Schottenröcke und Karomuster sind hier die bestimmenden Merkmale. Zurecht, denn immerhin rühmt man sich als schottischste Stadt Neuseelands. An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit ergreifen und Hamburg zur schottischsten Stadt Deutschlands ausrufen.

Lange Rede langer Sinn, wir entschlossen uns, während dieser Erkenntnis durchtränkten Minuten, zum Besuch des ältesten und ja, man muss es schon dazu sagen, einzigen schottischen Schlosses Neuseelands. Dem Larnach Castle. Erdacht und gebaut von
William James Mudie Larnach, oder wie seine Freunde stets zu sagen pflegten, Muddi (zu deutsch etwa „Matschi“, nicht zu verwechseln mit einem Thüringer SPD Minister). Stilvoll gelegen auf der wunderschönen Otago-Halbinsel birgt das Schloss nicht nur Geschichte und alte Möbel, sondern schöne Gärten, viel Ausblick und das Gefühl, für wenige Minuten in die schottische Lebensweise einzutauchen. Das fängt schon am Tor zum Grundstück an, wenn ein netter Herr im kleinen Häuschen einem das letzte Geld aus der Tasche zieht. Diese Schotten … Natürlich handelt es sich hierbei nur um das Eintrittsgeld, eine edele Spende zur Erhaltung des Schlosses. Keine Frage, aus Kostengründen wird es heute Abend Nudeln geben (mal wieder). Aber höchstens eine Woche!

Ausblick nach Erstürmung der Burg

Otago Harbour und die Halbinsel

Durch die Gärten bis ans Meer

Larnach Castle

Und um das Bild des schottischen Dunedin noch ein wenig abzurunden, haben wir auch endlich unsere lang aufgeschobene Stadt-und-Foto-Tour gemacht. Vorbei an den Plätzen und Gebäuden die für kurze Zeit zu unserer Heimatstadt gehörten. Vorbei am zentralsten Dreh-und Angelpunkt der Stadt, dem Octagon, sowie dem altmodischen Bahngebäude.

The Octagon

Dunedin Railway Station

Dunedin Railway Station 2

Die Zeit bei Sara und Kris ging leider viel zu schnell zu Ende. Nur wenige Tage bleiben uns, da wir uns dem Norden der Südinsel nähern wollen. Wir wollen zwei Freunde in Picton abholen und da wir Meister im Zu-Spät-Kommen sind, will unsere Weiterreise gut geplant sein. Doch die wenige Zeit nutzen wir. Pizza, Speight’s Bier und Mo. Jeden Tag ein kleiner Ausflug an unseren Lieblingsstadtstrand, St. Clair. Bei diesen Gelegenheiten mussten wir zweifelsfrei feststellen, dass ein kleiner Hund wie Mo das perfekte modische Accessoire für uns beide ist. Beim Dogwalk am Strand hätten wir sicher auch bei New Zealands Next Top Model eine gute Figur im Outdoor-Kleidungsbereich gemacht. Nils trägt eine Jeans, eine Fleecepulli und Mo’T-Couture, während Babs das ganze Bild mit einer abgelebten Tasche abrundet.

St. Clair City Beach

Die neue Mo’T-Couture

Auch als Frauenvariante sehr reizvoll

Pfähle die die Welt bedeuten, unser Dogwalk

Wir verlassen Dunedin schweren Herzens in Richtung Norden. Wir wollen ein paar Freunde in Wanaka verabschieden und in Queenstown Burger essen. Der Fergburger macht nun einmal süchtig. Und um noch etwas Neues zu erkunden, fahren wir einen kleinen Umweg nach Poolburn. Eine weitere Mittelerde-Expedition. Was soll man tun? Die führen uns nunmal zu einigen der schönsten Juwelen Neuseelands. Zum Glück habe ich mein Babs-GPS dabei.

Der Fahrer …

und sein Babs-GPS

Ein seltener Blick in unser Fahrkabinenchaos. Unsere Route ist bestimmt durch ländliche Eintracht. Abgeschiedenheit, kleine Farmen und großes, weites Land. Eigentlich will man sich Zeit nehmen und alle 5 Minuten anhalten, die Farmershunde begrüßen und einfach nur dasitzen. Aber wie so häufig zieht etwas Regen und Schnee auf und wir halten nur dann an, wenn die Strecke nicht zu matschig ist. Ich habe beschlossen, ich kann Babs das häufige Anschieben des Roten Barons einfach nicht zumuten.

Der Weg nach Poolburn

Am Ende erwartet uns ein kleiner See. Rückzugsgebiet, Ferienort und Schauplatz der Herr der Ringe Verfilmung. Sogar ein kleines Café findet sich unter den kleinen Hütten. Doch um diese Jahreszeit ist niemand da und so streunen wir ein wenig umher, genießen die Stille, den Wind und die Spiele von Licht und Schatten. Ja, ich gebe es zu. Auch ich könnte mir hier eine kleine Hütte bauen, angeln gehen und versuchen, als Konkurenzcafé dem anderen Laden die Kundschaft abzugraben. Ich würde meine berühmten Pancakes anbieten und … ach es wäre schön. Nur wie kann ich Babs überzeugen? Gedanken dazu mache ich mir besser auf dem längeren Weg nach Queenstown. Es fängt mal wieder an zu schneien. Der Baron und Babs rufen. Ich komm ja schon! Machs gut kleines Café, ich komme wieder. Dann aber mit Pfannekuchen im Gepäck!

Die Gegend um Poolburn

Zukünftiger Standort des “Petit Café du Nils”

Die Nacht haben wir im wunderschönen Twelve-Mile-Delta verbracht. Da wir mal wieder im Dunkeln angekommen sind, hat uns der morgendliche Anblick wie schon so häufig direkt umgehauen. Zum Glück in unsere Warehouse-Klappstühle. Trotz einem 10 Dollar Preis halten die immer noch durch. Supi, ich gewöhne mich wahrscheinlich so daran, dass wir in Deutschland so etwas im Wohnbereich anschaffen werden.

Nahender Frühling, schneebedeckte Berge, was will man mehr, wenn der morgentlich Kaffee im Blechbecher die Hände wärmt. Auch haben die in Neuseeland allgegenwärtigen gelben Büsche wieder zu blühen begonnen. Mein persönlicher Favorit, wenn es um Lufterfrischung geht. Die Freunde riechen nach Kokos und sehen überall gut aus.

Frühstück im Twelve-Mile-Delta

Die Natur erwacht

Wir fühlen uns heute abenteuerlich und so ist es nicht verwunderlich, dass wir unsern heutigen Adrenalinstoß beim Bungee-Jumping abholen. Natürlich springen wir nicht selber. Da würde ja das Müsli wieder den Rückwärtsgang einlegen. Wir schauen zu und stellen uns dabei diverse unglückliche Ausgänge der Sprünge vor. Das reicht fürs Erste. Die heute älteste Springerin bekommt schon seit längerer Zeit Rente und muss sich nicht über verlorene Jahre ärgern, wenn etwas schief gehen sollte. Nach dem Sprung sind alle Anzeichen von Falten verschwunden. So machen die das hier also! Kein Wunder bei den Preisen für Schönheitsoperationen. Wir halten einen kurzen Plausch nach ihrem Sprung, aber auch dieses Mal hören wir nur: „Super, Schön, muss man mal machen, besser als Sex, Tschüssi“. Wenn das besser als Sex sein soll, dann ist es auf jeden Fall ein noch kürzeres Vergnügen als bei jemanden, der im Bett ein wahrer Schnellstarter ist.

Adieu schnöde Welt!

Besser als Sex? Ein Sprung in eisklates Wasser???

Diesen tiefgreifenden Erkenntnissen folgen ein paar Tage Wanaka. Wieder ein Abschied und der Versuch endlich den Rob-Roy-Track zu laufen. Das scheitert dieses Mal aber nicht an der Einstellung, sondern an der vom Schmelzwasser übervollen Furt.

Ich schaue mir die tiefe Furt an, dann den Roten Baron, dann wieder die Furt und dann Babs. Kann ich sie womöglich zu Fuß vorschicken, um die wahre Tiefe zu testen? Aber just in diesem Moment fährt ein Allrader an uns vorbei. Nun kennen wir nicht nur die Tiefe, nein wir wissen vom Geröll, den großen Steinen und wir wissen auch das selbst der Allrad-Jeep Probleme hatte. Bleibt uns nur ein kleines Picknick zu veranstalten und den sonnigen Tag zu genießen.

Als kleiner Trost bleibt uns außerdem, das Hugh Jackman vor nicht allzu langer Zeit auch hier war, um seinen Film Wolverine zu drehen. Im fertigen Film haben wir sogar die kleine Straße wiedererkannt. Wenigsten wird uns das nun immer an dieses Picknick erinnern. Ob Hugh wohl auch hier picknicken musste, weil er nicht durch die Furt kam? Wir werden es wohl nie erfahren.

Von Wanaka …

… bis fast zum Rob-Roy-Track

Ein perfekter Platz für ein Picknick

Zurück nach Wanaka und auf nach Norden!

Bis zum nächsten Mal, die Rumtreiber

Mai 5, 2009

Wandern bis zum Umfallen? Gerne! Der Humpridge Track.

Category: Frühlingsgefühle – Nils-&-Babs 2:53 am

Der Süden ruft. Die passende Straße hierzu ist auch schnell gefunden und wir sagen auf Wiedersehen Te Anau. Immerhin wollen wir uns fürs erste nach Invercargill durchrollen. Auf dem Weg in diese Großstadt des Südens machen wir Halt im kleinen Örtchen Tuatapere und in Riverton.

Der Süden macht Muh!

Die beschauliche Küstenregion ist ziemlich menschenleer, dafür rau und windgeprüft. Kein Wunder, dass hier auch die Bäume so aussehen, als seien sie vom besten Hair-Stylisten Neuseelands persönlich geglättet worden.

Waschen, Fönen, Legen

Rauhe Küsten

In Tuatapere nächtigen wir auf einem kleinen Campingplatz bei einem älteren Herren. Dieser ist wohl über die Jahre genauso brummig geworden, wie es die See an der Südküste ist, doch macht das letztlich nicht viel aus. Denn da sich sein Mund nur einen Millimeter weit beim Sprechen öffnet, verstehen wir sowieso nur den Preis der Übernachtung und das er den Laden hier alleine schmeißt. Wer hätte das gedacht.

Wir beschließen eine Runde am Strand spazieren zu gehen, bevor es dunkel wird. In unserem Almanach, dem Straßenatlas, entdecken wir, dass es sich bei dem Strandweg um einen Teil eines größeren Weges handelt. Und da wir generell leicht verloren gehen, beschließen wir uns ein paar Broschüren zum Weg zu besorgen. Dabei landen wir dieses Mal nicht in einem DOC Büro, sondern beim Verein des Humpridge Tracks. Ein dicklicher Herr begrüßt uns am Eingang. Es stellt sich heraus, dass er einer der „Gründerväter“ des Wanderweges ist. Von Anfang an war er dabei und hat dabei so einige Meter des Weges mit bloßen Händen dem wilden Untergrund entrissen. Vielleicht hat er aber auch einen Bagger benutzt.

Er erzählt uns, dass man natürlich am Strand spazieren gehen kann. Allerdings will er wissen, ob wir nicht schon einmal über einen längeren Weg nachgedacht hätten. Den Humpridge Track. Drei Tage, 52 Kilometer (plus ein paar Kilometern extra da die Straße unpassierbar ist, plus Rundwege etc.) ein gehöriger Anstieg und … wunderschön. Er ist nicht nur freundlich, geradezu schwärmerisch, sondern einfach überzeugend. Wie? Er zeigt uns Bilder. Das klappt natürlich immer bei einer Landschaft die aussieht, als wäre sie gemalt. Halbe Preise gäbe es außerdem für die Hütten, da es immer noch Winter ist. Dafür bringt man alles was man braucht selbst mit, hat keine Heizung oder ähnliches, Wasserleitungen können schon mal zufrieren und das Wetter ist in diesen Tagen nicht unbedingt verlässlich. Allerdings wären wir die einzigen auf dem Weg und hätten die sonst vollen Schlafsäle für uns. Kein Anderer hat sich auf diesem sonst so beliebten Weg für die kommenden Tage angemeldet.

Wir buchen. Keine Ahnung warum, aber wir haben das Gefühl das einen beschleicht, wenn man gerade vom Marktschreier zurück kommt mit zwei Tüten voller Obst und einigen Topfpflanzen, obwohl man eigentlich nur ein Fischbrötchen kaufen wollte.

Erstaunlicherweise hatte Babs ganz zu Anfang unserer Reise diesen Wanderweg schon einmal im Reiseführer markiert. Dieser Plan wurde jedoch schnell verworfen, nachdem dann zu lesen war, es handele sich um einen schwierigeren Weg der einiges an Fitness und Strapazierfähigkeit voraus setzt. Das erfahre ich jetzt … Aber der Mann war doch so freundlich, der würde uns nie mehr zutrauen als wir tatsächlich können … oder?!

Wir haben zwei Tage Zeit uns vorzubereiten. Zeit zum einkaufen. Trockenessen, Trockenobst, Nüsse und was weiß ich sonst noch. Hauptsache der Name „Trocken“ kommt darin vor. Zwei Tage später sitzen wir in der selben Campingküche beim selben grummeligen Besitzer in Tuatapere. Wir packen alles ein was wichtig sein könnte. Außerhalb der Zivilisation sollte man besser alles dabei haben was man einmal brauchen könnte. Notfallasurüstung, Essen, Gaskocher, Schlafsäcke, diverse Klamotten für alle Lebenslagen, Insektenabwehr und … die Liste ist lang.

Wo mieten wir unseren Packesel?!

Der Morgen beginnt früh. Immerhin müssen wir einige Kilometer extra laufen, denn die Zufahrtsstraße zum Track ist vom Meer weg gespült worden. Das ist aber verständlich, da man die Straße einen Meter neben dem Meer platziert hatte. Alles in allem werden wir wohl so ca. XX Kilometer laufen bzw. 9 bis 10 Stunden. Wir parken den Roten auf einer Wiese am Ende der befahrbaren Stecke und müssen feststellen: Alle guten Parkplätze auf dem Kies sind bereits von einer Gruppe Pfadfinder belegt, die sich bereits auf dem Track befinden und morgen wieder kommen. Die Pfadfindergruppe macht hier übrigens ihre Feuertaufe. Wer diesen Weg übersteht wird aufgenommen. Und so erwächst mein neuer Antrieb für die nächsten drei Tage. Wenn es diese Pfadfinderneulinge schaffen … , schaffen wir das auch (ehrlich, die sind doch noch so jung!). So wohl ist uns nicht beim Gedanken, den Baron hier zu lassen. Der Himmel verspricht nichts Gutes und zum Meer ist es auch nur ein paar Schritte. Er wird schon auf sich aufpassen. Als Wegfahrsperre werden einfach ein paar alte Socken auf dem Lenkrad ausgebreitet.

Die „Extakilometerchen“ sind relativ schnell überwunden. Ein Kiesweg windet sich zum Grundstück eines Bauern und dem Beginn des eigentlichen Weges. Gut gelaunt winken wir Bauers Kühen zu, als wir sie passieren, stets mit dem Gedanken, dass diese Kühe den Weg sicher leichter bewältigen würden als wir.

Der Blick zurück zum „Parkplatz“

So strahlen nur Menschen die nicht wissen was kommt

Unsere ersten Kilometer führen uns am Strand entlang in Richtung unseres heutigen Ziels. Der „Ridge“, dem Bergrücken den wir erklimmen werden. Mehr als 900 Meter Anstieg liegen noch vor uns. Aber daran denken wir jetzt nicht. Unser Riesenrucksack mit gefühlten 100 kg wird uns schon früh genug in die Realität zurück holen.

Im Hintergrund wartet das letzte Stück Zivilisation: Saisonale Fischerhütten

Der Blick zurück. Der Baron ist weit außer Sicht

Unser Ziel: Der dunkele Bergrücken, die Humpridge

Die zweibeinigen blauen Deuterwerbeplakate legen los

Schließlich erfüllen die grauen Wattewölkchen ihr Versprechen und regnen auf uns herab. Die Straßen auf dem Weg zum Wald ähneln somit vielmehr kleinen Flüssen als Straßen. Und was machen die Wandermaxe? Die wollen natürlich ihre kleinen schönen Sonntagswanderschuhe nicht nass machen. Ein umständliches probieren am Wegesrand beginnt, welches nicht selten trotzdem im Wasser endet. Einige feuchte Socken später betreten wir den Wald über eine der vielen Drahtseilbrücken des Wanderweges.

Pfützenspringen

Lass dich nicht hängen!

Von nun an heißt es Wald, Wald, Wald. Mal auf Brettern und mal entlang der kleinen orangefarbenen Dreiecke.

Wandern leicht gemacht

Wir suchen Dreiecke

Durstig ist der Wandersmann und so ist es nicht verwunderlich das ich meinen kleinen blauen drei Liter Wasserschlauch schnell leer getrunken hab. Das Trinken lenkt mich gut von dem ganzen Gelaufe ab und immerhin kommt ja auch laut unserer Karte bald eine Auffüllstation für Trinkwasser. Babs verlässt sich nicht so leichtfertig darauf und hat noch genügend Wasser im Säckle. Wunderbar. Denn die Auffüllstation ist ein rostiger blauer Eimer an einem Strick über einem Fluss in der Tiefe. Was solls, ich schöpfe. Um die Sache spannender zu gestalten, hat der Eimer Löcher. Es wäre aber auch wirklich nicht schön gewesen, so leicht zum Ziel zu gelangen.

Die Auffüllstation

Ich angele mir einen Liter

Ab jetzt steigt der Weg erheblich an. Wir ziehen uns an Wurzeln in die Höhe, versuchen nicht mit dem Rucksack hängen zu bleiben und sehen ansonsten nur grün. Die meiste Zeit verbringt man damit auf den Boden zu schauen, um den Weg fortzusetzen. Vor lauter Bäumen beginne ich mich zu fragen, wer solche Wanderungen wirklich schön findet. Stunden über Stunden werden die Kilometer erlaufen. Und als Belohnung sieht man Bäume und Boden. Das ist ja ganz schön, nur eben nach 7 Stunden Eintönigkeit will man … mehr. Zum Glück können wir uns nur schlecht verlieren, denn mit unseren blauen Rucksäcken fallen wir hier auf. Ich glaube auch das eine oder andere neidische Eichhörnchen gesehen zu haben.

Suchbild: Wo ist der Wald versteckt?

Und dann ist es soweit. Der Wald tut sich auf und die Sonne zeigt sich wieder. So unerwartet wie dieser Anblick kam (man schaut wie gesagt eben nur die ganze Zeit auf den Boden), umso schöner ist er. Vergessen sind die Strapazen, der Regen, das Dauergrün und der Dauerbodenanblick. Wir sehen zum ersten mal das gesamte Umland, den Kamm den wir morgen entlang hinab steigen werden und … einen Regenbogen.

Aus dem Grün in die Welt hinaus

Unsere Richtung für Tag Nr.2

Und endlich sehen wir auch nach ein paar weiteren Kilometern unsere Hütte für die heutige Nacht. Im Hintergrund zeichnet sich sogar unser Strandweg ab. Und da es noch hell ist und wir ja quasi am Ziel, kommt die Belohnung der Tagesetappe. Ein zusätzlicher einstündiger Rundweg auf der Spitze des Berges. Nach laufen, laufen und nochmals laufen also zur Entspannung etwas … laufen?! Kann es sein, dass die Rumtreiber da irgendetwas falsch machen? Nein, denn hier sehen wir viele der wundervollen Orte, Felsen und kleinen Wasserlöcher, die wir schon von den Bildern aus dem Büro weit weg in Tuatapere kennen.

Home Sweet Home

Unsere Rucksäcke haben wir an der Weggabelung zurück gelassen. Vielleicht kommt ja eine Bergziege und trägt sie schon mal runter zur Hütte. Der Himmel ist grau, durchbrochen von hellen Streifen, ein oft vergebenes, teils erfolgreiches Verlangen der Sonne, zu uns durchzudringen. Es regnet im Tal und auf den umliegenden Bergen und der Wind bläst uns ins Gesicht. Oder ist es Schnee?

Einer geht noch: Wir Rund-Wandern

Eine verborgene Welt über den Dächern des Waldes

Wir lächeln … wieder

Ist es ein Lächeln oder sind es die Fußschmerzen?!

Der Weg hat sich gelohnt. Eine völlig andere Welt scheint vor uns aufgegangen zu sein, nach dem langen Waldmarsch des Tages. Vergessen sind die vielen Kilometer und die langen Stunden, zehn waren es heute. Um der Dämmerung zuvor zu kommen, beschließen wir in der Hütte einzukehren. Keinen Augenblick zu früh. Bei betreten der Hütte verfinstert sich der Himmel und ein waschechter Schneesturm bricht los. Es Schneit wie es nur schneien kann, begleitet von mächtigem Pfeifen und Heulen (Babs und meines). Immerhin haben wir den ganzen Komplex für uns. Gemeinschaftsräume, Schlafsäle und Klo. Sonst Haus und Hof duzender Wanderleute.

Willkommen im Blizzard

Ohne Strom, Feuerholz und einem tosenden Schneegestöber vor der Tür will man nicht allzu lang wach bleiben. Also gehen wir zum Essen über. Es gibt Tee, eine Nudelsuppe als Vorspeise, gefolgt von Lammfettuchine im Hauptgang und einen Marsriegel zum Nachtisch. Was will man mehr.

Wir fragen uns, ob der Schneesturm aufhören wird bevor der Schnee meterhoch liegt, die Sicht sich bessern wird und wir morgen früh den Weg ins Tal finden werden. Ich lese noch 5 Minuten während Babs neben mir bereits nur noch einen Zentimeter aus ihrem Schlafsack schaut und gemächlich einschlummert. Der Rest der Nacht ist vom Rattern des Windes untermalt. Um sechs Uhr morgens geht es aus dem Bett. Der Sturm hat sich gelegt und die Sicht klärt auf. Zeit für Kaffee und Haferbrei. Zum Glück haben wir unser Wasser für den Kaffee und unsere Trinkschläuche bereits am Abend aufgefüllt. Die Leitungen sind heute Morgen zugefroren.

Guten Morgen!

Es dämmert … eine neuer Wandertag

Unsere heutige Polarexpedition ist gut ausgestattet. Lange Fleece-Unterwäsche, Fleece-Pullover, die gute lange U-Hose, Merinosöckchen, Handschuhe, Regenhosen und ein Mützchen. Endlich kann einmal all das ausgepackt werden, was sonst nur im Rucksack von A nach B geschleppt wird. Das Endergebnis dieses Anziehmarathons kann sich sehen lassen. Wenn Babs oder ich nun ausrutschen hüpfen wir bestimmt einige Meter weiter wie ein Gummiball.

Heute tragen wir den ganzen Kleiderschrank

Wir verlassen unser 5-Sterne Resort

Wir folgen dem Weg zurück zur Kreuzung, an welcher wir unseren langsamen Abstieg über verschiedene kleinere Berge bis hin zum heutigen Ziel, einem verlassenen Holzfälleraußenposten direkt am Meer, beginnt.

Unser heutiger Weg

Babs, ein Schneezwerg auf Wanderschaft

Juhu, wir leben den Kontrast. Denn heute dürfen wir, im Gegensatz zu gestern, die meiste Zeit abwärts laufen. Hat man die Kniegelenke eines achtzigjährigen so wie ich, dann hört man diese nach spätestens 3 Stunden bergab Laufens quietschen wie die Tür des Plumpsklos auf unserem letzten Campingplatz.

Zum Glück habe ich mir ein Hightec-Knieschoner beim freundlichen Pharmazeuten in Invercargill besorgt. Aber wir wollen uns ja nicht beschweren. Irgendjemand hat hier oftmals kilometerlang Treppenstufen verlegt oder aus dem Fels gehauen. So kommen wir zumindest den wirklich steilen Passagen herunter, ohne ins Rollen zu verfallen.

Es geht abwärts, ich lächele trotzdem noch

Ein Waldwanderweg

Der Himmel verspricht wieder einmal „bestes“ Wetter

Ob Schleichwerbung im Spiel ist? Egal, wir vertrauen auf Deuter

In der Zwischenzeit suchen uns hin und wieder ein paar Schneeflocken heim und wir können einen Blick zurück auf unsere Strandstrecke vom Vortag bzw. die Heimstrecke für morgen sehen.

Schwerer Treffer von einer Schneeflocke (in NZ ca. so groß wie ein Fußball)

Unserer Vergangenheit und Zukunft. War das wirklich so weit?!

Pünktlich beim Erreichen der relativ ungeschützten Bergflanke setzt neben dem Schneefall auch wieder unser bester Kamerad ein, der Wind. Auch müssen wir feststellen es gibt sie noch. Die Wegabschnitte ohne irgendetwas. Man nennt es glaube ich ähhh … Natur eben. Genau. Enge Passagen, rutschig, gern mit Hanglage und Ausblick nach unten. Das haben wir uns gewünscht … so ungefähr jedenfalls.

Keine Viktory-Pose. Die Finger waren in dieser Stellung eingefroren

Na klar weiß ich wo es hier lang geht. (Männer fragen nie nach dem Weg)

Aber auch das war ein reiner Klax. Jedenfalls für Reinhold Messner. Wir erreichen einen niedrigeren Teil des Waldes. Hier hat es glücklicherweise nicht geschneit. Es gab Regen und nun … Schlamm (und natürlich auch immer noch etwas Regen).

Ein Gorilla im Nebel … bzw. Schlamm

Hier fehlen eindeutig unsere Gummistiefel

Mitten im Wald finden wir auch Martinas Kurve. Wer hätte diese hier vermutet? Der einzig Wegabschnitt mit Namen. Bitte schön.

Martinas Kurve

Schließlich erreichen wir ein weiteres Highlight unseres Weges. Die Überquerung mehrerer Holzviadukte aus der Zeit des Holzabbaus in dieser Region. Wir dürfen die restaurierten Gestelle belaufen und die Aussicht bewundern. Zwischen den einzelnen Viadukten liegt die alte Schienenstrecke über die sich der Holzzug bewegte. Die nächsten Stunden spielen wir also zweibeinige Eisenbahn. Das höchste Viadukt ist übrigens mehr als 100 Meter hoch. Herrlicher Ausblick. Hatte ich erwähnt, dass ich Höhenangst habe? Während sich Babs lebhaft an die Viadukte erinnert, sehe ich, wenn ich in Gedanken zurück gehe, eigentlich nur ihr Popöchen vor mir. Mein einziger Fixpunkt während der Überquerung.

Viadukt Nummer Eins

Wir fangen klein an

Tschu Tschu

Das große Viadukt

Ich sehe nur Babs Popöchen auf diesem Bild …

Wir sind inzwischen schon wieder mehr als acht Stunden unterwegs und haben die niedrigste Ebene erreicht. Auch unser Wald ändert sich mit erreichen der Küstenregion.

Wir folgen immer noch den Schienen

Sehr gut. Mehr Wasser

So manches Mal wird der Schlamm recht tief. Und um nicht vom Helikopter aus dem Morast gezogen werden zu müssen, klettern wir mehr schlecht als recht am Rand entlang. Als kleine Erkenntnis, diese Wanderung können wir nur jedem empfehlen: Folge nicht, nie, den Fußspuren anderer. Wenn wir das taten, war der Fuß verschwunden. Die Vermutung, dass es dem Vorgänger auch so gegangen sein muss, tröstet nur für einen kleinen Moment. Einfach in die Wasserpfützen laufen. Da ist wenigstens kein Schlamm drin.

Schlammspringer

Kurz vor erreichen der Küste steht sie da. Unsere Finka, unser Bungalow, unsere Bude mit Betten. Umrandet von lichtem Wald und nicht weit von der hier ursprünglich vorhandenen Holzfällersiedlung. Das alte Schulhaus steht sogar noch. Heute wird allerdings darin nur noch gelernt, wie es ist, in einem Drei-Etagen-Bett mit einer Horde anderer Wanderer zu schlafen, während im „Erdgeschoss“ deftiger Wandermannseintopf gekocht wird.. Allerdings erleben das nur jene, die diesen Weg nebst Übernachtung über das Department Of Conservation gebucht haben. Unser Feriendomizil hat sogar noch einige Gasflaschen gebunkert. Allerdings hinter verschlossenen Türen. „Sie haben den Sparpreis gebucht, also schließen wir alles weg, was die Deluxebucher bekommen“ Was solls, man kennt das ja vielleicht von der Buchung eines „Glückshotels“ in der Türkei.

Club Robinson … ist um die Ecke

Und da wir vom Laufen einfach nicht genug bekommen können, gehen wir die Erkundungsrunde. Auf den Spuren der alten Bewohner der Stadt. Weitab der Zivilisation verdienten sich hier erst harte Holzfäller und schließlich ganze Familien ihren Lebensunterhalt. Irgendwann lohnte sich das Geschäft und der Aufwand einfach nicht mehr. Das kleine Holzfällerdorf wurde zur Geisterstadt. Immerhin, eine Aufwertung mit Stadtrecht. Die Gebäude stehen natürlich nicht mehr, denn der Wald erkämpft sich seinen Boden schnell zurück. Aber mit etwas Phantasie sieht man beim betreten der verschiedenen Schauplätze alles wieder vor sich. Bei wenig Phantasie schaut man, so wie ich, einfach auf die Bilder. Wir tummeln uns noch ein wenig am Strand herum, befreit von jeglicher Rucksacklast (Memo an uns: Den Schürfwunden am Becken zu urteilen, haben wir wider Erwarten immer noch nicht die korrekte Einstellung für unseren Bauchgurt gefunden). Die erhofften Delphinschwärme die es hier gibt, bleiben leider heute aus. Schade.

Ein typischer Bootsanleger nach der Wirtschaftskrise

Wieder entdeckt: Meine Arme

Die gute alte Lore

Für Verstecken spielen reicht es also noch …

Etwas gebeutelt vom Tag kehren wir wieder im Resort ein. Gerade rechtzeitig für ein opulentes Mal. Heute empfiehlt der Chefkoch … Tee, Suppe, Käsebrot und vegetarische Pasta. Schon wieder Pasta. Ich hatte mich so auf Reis und Curry gefreut. Den ganzen langen Tag kreisten meine Gedanken darum: Essen. Denn daran muss ich denken, wenn ich ewig weit laufen muss. Und dann das. Babs hat aus versehen zweimal Trocken-Nudeln eingepackt. Immerhin, wir haben noch was zum naschen da. Puhhh …

Pasta al frutti di Maggi

Ein neuer Tag, ein neues Vergnügen. Es ist der dritte und letzte Tag unserer Wanderung. Zu jedermanns Freude hat das Wetter noch einmal marginal gewechselt. Der Regen ist heute gewürzt mit leichtem Hagel und der Wind hat an Intensität zugenommen. Juhu, wir wandern dem Sturm entgegen.

Neuer Tag, selbe Beschäftigung, andere Route

Heute können wir definitiv nicht so viele Bilder machen. Es regnet oft zu sehr oder wir wollen einfach weiter kommen. Durch den starken Wind knarren die Bäume hier im Wald, als ob auch sie die letzten Tage nur Pasta hatten. Zum Glück wissen die grünen Freunde, dass wir auch nur Pasta hatten und lassen uns in Ruhe. Nur unsere Wanderautobahn mochten sie nicht sonderlich und ließen sich einfach darauf fallen.

Mittendrin statt nur dabei

Der Himmel schaut grau durch die Baumkronen, als wir grußlos an den Bäumen vorbei humpeln. Drei Tage wandern fordern ihren Geschwindigkeitstribut. Ich laufe voran und gebe vor, Babs ein guter Führer durch das glitschige Terrain zu sein. Und das wo ich doch sonst nicht mal nach sechsmaligem passieren ein und derselben Route meinen Weg in der Großstadt finde …

Als ich über eine weiter Pfütze springe, wird plötzlich die Szenerie in blaues Blitzlicht getaucht. Ich drehe mich nach Babs um und vermute schon, sie steht fröhlich hinter mir, um Bilder des Weges zu machen. Doch als ich mich drehe passiert zweierlei. Nummer eins: Ich schaue Babs genau ins Gesicht, denn sie ist wider Erwarten genau hinter mir. Nummer zwei: Es ertönt ein wirklich markerschütternder Knall. Blitz und Donner haben ihren Weg zu uns gefunden. Wir stehen in einer Pfütze, triefend vor Nässe und nicht weit von uns schlug soeben ein Blitz ein. Und während ich mich mit meinem prähistorischen Männerverstand frage, was das alles zu bedeuten hat, zischt auch schon ein zweiter Blitz an mir vorbei. In diesem Falle ist es jedoch Babs. Vergessen sind ihre ein duzend Blasen, ihr Rücken und der Rucksack. Sie legt ein Tempo vor, dem ich nur schwer folgen kann. Und plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Dies muss die geheimnissvolle Kraftreserve sein, die jede Frau im Sommerschlussverkauf freizusetzen vermag. Ich konzentriere mich wieder auf etwas zu Essen und folge ihr.

Das Gewitter schwebt drohend über dem Wald und jede Passage im Freihen lässt uns unwohl fühlen … wenn da nicht noch der lange Strandabschnitt wäre. Zur Aufmunterung haben aber die Damen und Herren des Wanderweges am Rand das ein oder andere treffende Namensschild aufgestellt. Ob wir da irgendetwas deuten sollten? „Breakneck Creek“, der Genicksbruch Bach …

Breakneck Creek

Nach zwei weiteren Stündchen ist soweit. Wir verlassen den Wald, um die Strandpassage zu laufen. Babs signalisiert hier übrigens nicht das es ihr gut geht oder das sie die Wandersmaid mit den zwei schiefen Daumen ist, sondern sie fragt mich nach der Richtung. Ähhmmm, na da will ich mal wieder voran laufen.

Zwei halbe OK machen einen Ganzen

Eigentlich sollte gerade Ebbe sein. So steht es zumindest auf unserem Zeitplaner. Doch als wir den Strand betreten, schlagen uns die Wellen freudig entgegen. Wir wir später erfahren werden, hat das Unwetter auf hoher See,, welches gerade vorherrscht, den Wasserstand am Strand auf Höchststand gebracht. Und da hinter dem Strand oft eine Felswand oder undurchdringliche Gebüsche warten, können wir für den meisten Teil der Strecke keinen Umweg finden. Wir rennen einfach. Von Fels zu Fels, von Bucht zu Bucht. Manchmal geht das leicht und es ist nicht so schlimm mit den Wellen und manchmal … manchmal wird man einfach sehr nass. Kann man nach ein paar Stunden Dauerregen noch nasser werden? Ja.

Ja, da kommen wir gerade her

Ein entspanntes Stück …

… hört gerade auf

Wolken verhüllen die Humpridge Bergkette

Nach einem erneuten Intermezzo im Wald geht es schließlich ein letztes Mal hinaus zum Strand. Das Gewitter hat uns in Ruhe gelassen und schickt seine traurig grauen Wolken nur langsam hinter uns her. Der Versuch uns am Strand für die Nachwelt zu fotografieren, erfordert einige Versuche und endet oft mit der Flucht in die Büsche.

Warum schauen wir eigentlich immer zurück?

Versuch Nr. 12: Unser Strandfoto

Unser Fotoapparat sagt Auf Wiedersehen

Schließlich macht auch das letzte Akku schlapp und wir hören auf zu fotografieren. Wir erreichen den Bauernhof ohne Zwischenfälle und durch viele Gedanken an Essen. Die Straßen sind noch mehr überflutet als zwei Tage zuvor, doch muss man jetzt nicht wirklich aufpassen, dass man nasse Füße bekommt. Nur ein oder zwei Stellen sind metertief, wie unser kleines Messstöckchen verrät. Die umlaufen wir natürlich, man muss es ja nicht übertreiben (Würde als Schlagzeile aber vielleicht ankommen „Wanderer bei Wegesüberquerung ertrunken“).

Als wir die „Extrakilometerchen“ antreten (Verflucht seinen die Extrakilometerchen) denken wir zum ersten Mal seit Tagen über den Roten Baron nach. Hat er das Unwetter überstanden? Treibt er womöglich auf dem Meer? Haben die Socken als Wegfahrsperre ausgereicht?

Bei unserer Ankunft, Freude. Der Rote steht noch. Genau da wo wir ihn verlassen hatten. Auf einer alten, nassen Viehwiese. Die Wiese ist einem Schlammbecken gewichen. Verd****. Nach wiedereinmal 9 Stunden laufen, hatten wir schon angeregt über das Gefühl des „im Wagen-Sitzens“ geredet. Pedale treten und fortbewegen. Jetzt heißt es allerdings, frei kommen. Wir benutzen Holz, wir graben, wir stopfen, wir benutzen ausgefeilte Anfahrtaktiken. Das alles nützt uns genau für drei Meter. Weiter kommen wir nämlich nicht. Inzwischen bin ich voller Schlamm und Stroh (nicht fragen woher das Stroh kommt) und Babs hat sich die Seele aus dem Leib geschoben (ja na klar lasse ich gleichberechtigter Weise in unserer Beziehung die Frau schieben …) Der Bauer, der wahrscheinlich seit längerem von seinem Landsitz weiter oben genüsslich zugeschaut hat, fasst sich schließlich ein Herz und kommt mit seinem Allradtruck. Bei seiner Ankunft stellt er richtiger Weise fest: „You’re bloody bogged“ Er grinst. Wir sind schon die Siebten oder Achten, die er diese Woche von dieser Wiese zieht. Ja ja, diese ollen Touristen sage ich.

Es dauert nur einen kurzen Augenblick und wir sind frei. Auf nach Riverton. Duschen, Essen, Sitzen. Und natürlich wird während der Fahrt gejammert. Da haben wir uns schließlich den ganzen Tag drauf gefreut. Diesen Weg machen wir mal wieder … nur nicht in den nächsten, sagen wir fünf bis sechs Jahren. Und endlich stellt sich auch das Gefühl ein, dass uns der freundliche Herr aus dem Büro vor Tage angepriesen hatte: Das Gefühl, etwas geschafft zu haben.

Und nun, da dieser Weg bereits fast acht Monate hinter uns liegt, kann ich nur nochmals reflektieren (oh dieses Wort wollte ich schon immer mal schreiben) und sagen: Es war einer der schönsten Wanderungen, die wir in Neuseeland unternommen haben. Anstrengend, mit dem einen oder anderen Hindernis, jedem möglichen Wetter, aber eben doch … schön. Vielleicht würde mir der junge Mann, der an jenem ersten Tag den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen hat, widersprechen. Doch heute, hier im Trockenen, weit weg von Tuatapere und mit einer Tasse Tee in der Hand, tut er es nicht.

Bis die Tage,

die Rumtreiber