Nach dem Kurzbesuch in Queenstown war es nun an der Zeit, ein wenig länger die Gassen der königlichen Stadt unsicher zu machen. Von Wanaka aus geht das entweder dem Highway entlang, vorbei an riesigen Kunstfrüchten die der wahre Stolz der Bevölkerung vom Cromwell sind, oder über eine schönere Strecke durch die Berge. Hintenrum wenn man so will. Diese Hinten-Über-Die-Berge-Strecke führt nach einigem Bergauf zur Hügelkuppe. Um die Strecke in vollen Zügen zu genießen sollte man sie, wie wir, lediglich im zweiten bis dritten Gang fahren. Jedenfalls redet man sich das immer wieder ein, wenn die Autoschlange hinter einem lang, und der Rote Baron eher von der gemütlichen Sorte ist. Somit wurde der „Gipfel“ dann auch gleich freudig begrüßt. Im linken Bild sieht man dabei den letzten noch lebenden Baum der Region, sowie den Rest der übrig gebliebenen Steine vom Straßenbau, würdevoll arrangiert zu einem kleinen Fotokunstwerk.
Um die Größe und Weite der Landschaft besser darstellen zu können, habe ich mich dazu bereit erklärt, als Mess-Nils zu assistieren.
In der Stadt angekommen befreundeten wir uns zunächst etwas mit der örtlichen Bevölkerung an. Ein leichtes Unterfangen, welches lediglich ein paar Brotstückchen bedurfte.
Es ist September und der Frühling lockt uns zu einem Spaziergang am See entlang nach Frankton. Um die einsetzende Baumblüte gebührend zu feiern, entschloss sich Babs spontan, sich modisch den Gegebenheiten anzupassen. Und tatsächlich, nachdem das Foto endlich im Kasten war, konnte ich den fließenden Übergang zwischen Babs und Baum nicht mehr erkennen.
Wir lassen unseren Frühlingsgefühlen freien Lauf und entschließen uns dazu, den Dart River zu erkunden. Am besten geht das, so scheint es uns, indem wir uns in das Hinterland nahe Glenorchy bringen lassen, um uns dort auf eine Fluss-Safari zu begeben. Deswegen also raus aus den Babs und Nils Klamotten und rein in unseren neuen Wohlfühlneoprenanzüge. Das strafft nicht nur den Po, sondern hilft auch gegen den, sagen wir, kühlen Gebirgsfluss.
Den ersten Teil der Reise werden wir im Jetboot verbringen. Wir werden kurz über die Tücken das Flusses aufgeklärt und schießen sogleich mit unserem Fahrer dem Fluss entlang. Dieser ist gerade aus dem Urlaub zurück gekehrt und muss sich erst mal wieder orientieren, wie er sagt, um die sich ständig ändernden Kiesbänke rechtzeitig zu erspähen. Na dann, petri heil und Mützen festhalten.
Kurz vor unserer Endhaltestelle setzen wir natürlich unser treues Boot an einer tieferen Stelle erst noch einmal richtig fest. Während ich noch überlege einen anderen Mittouristen als schwimmende Brücke zu zweckentfremden, kommen wir frei und können die mitgebrachten Kanus, Paddel nebst Verpflegung ausladen. Von nun an wollen wir uns unmotorisiert in aufblasbaren Zweierkajaks (oder waren es Kanus?) flussabwärts bewegen.
In einem unbeobachteten Moment versuchen Babs und ich mit dem uns anvertrauten Proviant heimlich zu verschwinden. Doch unsere beiden Führer sind gerissene Seebären und geben uns anstelle eines Außenbordmotors nur zwei Paddel. Zusätzlich werden wir nicht, wie ich es eigentlich geplant hatte ins Wasser gehievt, sondern müssen dies selbst tun. Da zeigen sich ganz klar die Defizite unserer nautischen Ausbildung.
Wir schlagen uns wacker beim Schiffchen fahren und kommen um die Mittagszeit an den Ort unserer Stärkung. Unseren Picknickplatz. Zuvor müssen jedoch die Männer die Kajaks in einen Seitenarm des Flusses ziehen, um dort einen Abstecher durch eine Schluchtenlandschaft zu wagen. Wo sind nur all die Frauen hin, die auf Gleichberechtigung bestehen, wenn es darum geht nun durch das „erfrischende“ Wasser zu laufen, mit der Aussicht auf ein kleines Bad angesichts der vielen glitschigen Steine nebst Strömung? Ganz klar, die sind alle den Essenskisten hinterher gelaufen die unsere Tourguides an sich gebracht haben. Ich bin übrigens nicht der Zweite in der Reihe der Kajakträger, der die andern aufzuhalten scheint. Jedenfalls kann man das meiner Meinung nach nicht mehr so gut auf dem Bild erkennen.
Es folgt die Durchquerung der Schluchten mit dem Kajak. Nun dürfen auch die Frauen wieder zu uns stoßen, was den Kajaks im ein oder anderen Fall die nötige Tieflage gibt. Natürlich nur aufgrund der schweren Neoprenanzüge.
Am Ende des kleinen Abstechers warten bereits die aufgebauten kleinen und großen Köstlichkeiten auf uns. Es gibt sogar Suppe aus der Kaffeekanne. Mein Highlight sind die frischen Brownies, Fudge und anderer Süßkram aus Glenorchy. Wie stelle ich es nur am besten an, immer wieder ungesehen zum Süßwarenabteil zu greifen. Ich will ja nicht gierig sein … aber am besten versuche ich unglaublich schnell zu essen, dann fällt es vielleicht gar niemandem auf, dass gar kein Dessert mehr existiert?! Die meisten sind sowieso mit den abertausenden von Sandflies um uns herum beschäftigt. Diese sind wiederum damit beschäftigt, Lücken in der Körperbekleidung ausfindig zu machen, um dann ganz gezielt einige größere Stücken aus einem heraus zu beißen. Oh diese kleinen miesen …
Nach so einem schönen Mahl fehlt nur eine Sache um das Ganze abzurunden. Einmal im Gebüsch verschwinden. Man könnte auch Pullern dazu sagen. Geradezu ein Extremsport, wenn man bedenkt was man sich so alles angezogen hat. Mein nasser Anzug gleitet geradezu wie von selbst von mir herab. Zumindest wenn ich lange genug daran zerre. Inszwischen haben das auch die Sandflies bemerkt und so versucht man letztlich, so viele wie möglich von ihnen mit einem gekonnten Strahl mitzureisen, bevor sie sich auf die „Waffe“ selbst stürzen. Mädchen bleibt dieses Vergnügen leider verwehrt und so müssen diese mit dem örtlichen Long-Drop, dem Plumsklo vorlieb nehmen.
Der letzte Teil der Strecke führt uns über atemberaubende Ausblicke immer wieder von links nach rechts über den Fluss. Nur eine kleine Stelle der Fahrt führt bei uns beiden zu Kommunikationsschwierigkeiten. Während ich „links, links, links“ rufe und Babs natürlich das „Andere Links“ annimmt (=rechts, rechts rechts), verlassen wir den Hauptfluss für eine kurze Weile, schauen herüber zu unseren Guides und den anderen Kameraden und ergeben uns unserem Schicksal. Das lautet, ein paar Quasi-Stromschnellen hinab auf dem Seitenarm bis hin zum Treffpunkt auf dem Hauptfluss hinab zu schippern. Herrlich, wie man da so hin und her geworfen wird und dabei immer noch Zeit bleibt, die vorausgegangenen Richtungsschwierigkeiten zu diskutieren. („Du hast doch aber links gesagt!“ / „Ja, aber das richtige links!“) Ein paar Größere Steine im Fluß bremsen unsere Fahrt. Anscheinend sind wir magnetisch, denn wir ziehen sogleich 80% der verbliebenen Gruppe mit in unser Dilemma. Ja, nun können sich auch endlich unser Guides einmal so richtig dabei austoben, uns wieder zu befreien. Die Armen schaffen das aber im Handumdrehen und wir können unsere Fahrt bis ans Ende des Weges gemütlich zu Ende bringen.
Wir packen Kajak und Co. auf unseren Allradbus, schlüpfen im Lager des Veranstalters wieder in die Babs und Nils Klamotten und fahren zurück nach Queenstown, mit einem letzten kurzen Halt auf halbem Weg. Dann schlafen wir ein, denn wir sind … platt.
Einige Tage später machen wir uns auf den Weg über die Dächer von Queenstown. Unweit des Ortsausganges bzw. auf der anderen Seite des Flusses führt uns eine schmale Straße einen kleinen Berg hinauf. Eigentlich gibt es in diesem kleinen Vorort nicht viel von Bedeutung. Wenn es da nicht die Deer Park Heights gäbe. Natürliche Aussichtsplattform, freies Tiergehege und Filmkulisse. Gleich drei Dinge auf einmal locken uns nach oben. Der rote Baron nimmts mit Gelassenheit und quält sich Zaun um Zaun, Wiese um Wiese bis ganz nach oben.
Während ich versuche, eine der Landschaften aus einem recht bekannten und in Neuseeland produzierten Film mit meinem imaginären Pferd abzureiten, stöbert Babs in der Gegend herum um dabei ein paar liebestrunkene Enten zu entdecken.
Mein Versuch die zwei kleinen Turtelenten mit unseren am Spender erworbenem Futtermittel anzulocken scheitert kläglich an den zu kleinen Mündern bzw. Schnäbeln der zwei. Schließlich wenden wir uns wieder dem Durchstreifen der weiten, grasbewachsenen Ebenen und Hügel zu. Lässt man den Blick schweifen, könnte man fast glauben, sich nicht in diesem Moment weit über eine belebten kleinen Touristenstadt zu befinden.
Während wir uns gerade auf dem obersten Teil des kleinen Berges herumtreiben, finden wir die ersten Spuren asiatischer Besiedelung in Neuseeland.
Später sollte sich heraus stellen, dass es sich dabei um das Set eines Disney-Filmes handelte, welches dem Besitzer des Grundstücks freundlicherweise übereignet wurde. Wollte er dieses nachgebaute Gefängnis etwa selbst für seine Familie nutzen?! Wir werden es wohl nicht mehr erfahren. Viel wichtiger war es gewesen, endlich unser Qualitätsfutter an die uns umgebende Tierwelt zu bringen. Das Gehege beherbergt alle möglichen Tiere die gut für diese Hanglage geeignet sind. Lamas, Ziegen, Schafe, Wild sowie ein paar Minischweine, Esel und Geflügel. Unsere erste Freundschaft konnten wir mit den Lamas aufbauen. In unseren Wolljacken konnten wir uns prima unter das spuckfreudige Lamavolk mischen.
Zum Glück mussten wir nicht probieren, uns mit der Bande im Spuckzweikampf zu messen. Die einzigen zu verzeichneten Opfer waren die Lamas selbst und … der rote Baron. Der hatte zum Glück seinen Scheibenwischer samt Spritzdüse dabei und konnte sich somit den Weg ins Tal bahnen. Leider hatten die Lamas uns in einem unbeobachteten Moment fast alles aus unserer Futterdose gefuttert, sodass ich zu diesem Zeitpunkt die anderen Tiere rationieren musste. Sehr zum murren des seltenen X-beinigen Reh-Hirsches.
Zum Abschied ließen wir es uns natürlich nicht nehmen, noch einmal mit vier ortsansässigen für ein gemeinsames Foto zu posieren. Vorn links im Bild seht ihr, wie ihr sicherlich schon gleich erkannt habt Babs, gefolgt von mir hinter dem Zaun. Die anderen vier sind Jonny, Longface, Pete und George. Mitglieder einer lokalen Wohngemeinschaft.
Und da der Baron keine Ruhe kennt, wird auch schon wieder weiter gezogen. Wir wollen das Meer und das Fjordland wieder sehen.
Bis die Tage,
die Rumtreiber