Ein weiterer Ausflug ins Fjordland. Unser Ziel lautet Milford Sound. Klingt gut, schaut gut aus, wir fahren mal hin. Auf dem Weg nach Milford kommt man natürlich nicht um das kleine Örtchen Te Anau herum. Ein Zwischenstopp im herrlichsten Regenbruch. Doch der Frühling zeigt sich in seiner altrosa Pracht. Es blüht der … nunja, vielleicht ist es Flieder.
Vorbei am Lake Te Anau gelangt man schließlich zu den Te Anau Downs. Von hier brechen jedes Jahr tausende beherzte Wanderer auf in Richtung Milford Sound, zum Wandern. Der Weg ist gerade nicht passierbar und der Winter hat sich noch einmal zurück gemeldet. Wir hatten uns schon Sorgen gemacht, da wir lange nichts von ihm gehört hatten. Willkommen also zurück Winter! Wir hoffen du machst es dir nicht allzu gemütlich.
Nur wenige Kilometer weiter stoppt der Rote, um uns den Mirror Lake zu zeigen. Wahrscheinlich ist er in seinem Leben als Reisemobil schon sooft hier vorbei gekommen, dass er die Strecke im Schlaf kennt.
Wir steigen der Straße langsam empor. Natürlich im Baron und natürlich mit den gewohnten 10 km/h. So langsam kann man sagen, dass mich diese Fahrweise wirklich entspannt. Wenn man einfach nicht schneller kann, dann stört es nicht angehupt, bedrengt oder missbiligt zu werden. Ja verdammt, wir sind Urlauber! Wir bleiben nur etwas länger als die Meisten und fahren dafür nochmal eine Spur extralangsam. Mehr Zeit zum aus dem Fenster gucken, Butterbrote schmieren und … Fahren eben. Und endlich sehen wir auch einen Kea. Den einzigen (Berg-) Papageien Neuseelands. Wir dachten schon er existiert nur noch in Mythen und Geschichtsberichten der späten 90iger Jahre.
Bevor wir in das kleine Örtchen Milford Sound fahren, stoppen wir nocheinmal am Routeburn Track. Dieses Mal nähern wir uns von der “anderen” Seite. Vielleicht haben wir ja nach zwei halben Wanderungen, jeweils von zwei verschiedenen Seiten, dass Gefühl ihn fast ganz gelaufen zu sein??? Vielleicht aber auch nicht. Auf dem Weg zum Key Sumit kommen wir sogar am örtlichen
Matterhorn vorbei. Sofort macht sich der Hunger nach Toblerone bei mir breit.
Auf dem Weg nach oben präsentiert unser erstes Model nebenbei die neu erworbenen Wanderrucksäcke. Voll mit drei Litern Wasser und ein paar Müsliriegeln. Außerdem würde man sich ohne irgendetwas zum Herumschleppen sicherlich nackt fühlen. Das wollen wir bei winterlichen Außentemperaturen natürlich vermeiden. Model Nummer Zwei zeigt stolz seinen … Apfel. Auch einen solchen sollte man immer dabei haben.
Als alte Zoologen und Naturforscher haben wir uns natürlich auch sofort an die Arbeit gemacht, die Gegend mit den Augen eines Wissenschaftlers zu betrachten. Wir sind ja immerhin auch eine Art Forschungsreisende … aber im Prinzip ist das ja heutzutage jeder. Immerhin konnten wir eine äußerst seltene Holzbodenschlange finden. Obendrein ein extralanges Prachtexemplar. Mein Versuch, Babs zum Verzehr von delikatem Baummoos zu überreden, ist jedoch leider nicht geglückt.
Am Ende unseres Ausflugs holt uns schließlich die Wahrheit wieder ein. Zwei halbe Wege sind doch kein Ganzer. Und so müssen wir Wohl oder Übel beim nächsten Mal den Routeburn komplett laufen. Vielleicht finden wir dann sogar eine noch größere Holzbodenschlange. Wir werden sehen.
Wenngleich schon viele Mitmenschen behaupteten, Licht am Ende des Tunnels gesehen zu haben, so können wir dies im Anbetracht des Homer Tunnels nicht behaupten. Dieser wurde anscheinend noch zur guten alten Zeit der Pioniere gebaut und dann im Zeitalter der Sanierung vergessen. Mit Spitzhacke und Schaufel wurde hier ein Durchgang in eine andere Welt gehauen. Einen Besen hatten sie anscheinend nicht mit dabei und so fahre ich um jedes Stückchen Geröll herum wie ein Busfahrer aus jedem x-beliebigen Krisengebiet.
Unser Lager beziehen wir heute unweit des Anlegers im Milford Sound. Ein kleiner Campingplatz, der Einzige hier, wird für die nächsten Tage unser Zuhause sein. Und da es gerade nicht regnet, erkunden wir die Gegend. Ein kleiner Kea lebt anscheinend auch hier und macht den Platz unsicher. Erfolgreich locke ich ihn mittels Kronkorken an. Ein verspielter kleiner Kerl. Als er damit anfängt, sämtliche Dinge an zu knabbern, die ihm in sein gefräßiges kleines Schnäbelchen kommen, locke ich ihn sicherheitshalber hinüber zu den Mietwagen. Sicher ist sicher. Unser Roter Baron soll auch morgen noch kraftvoll losfahren können. Und was die Mietwagen betrifft … die können das sicher ab.
Eine Million Wässerchen scheinen das Land um uns zu durchströmen. Und ich glaube fest daran, dass wir sie alle besucht haben! Zumindest sind wir jedem Flusslauf entlang gesprungen, den wir finden konnten.
Aber warum kommt man eigentlich zum Milford Sound? Stimmt, so ziemlich genau wegen eines einzigen verwegenen Berges. Schmuckstück jedes neuseeländischen Postkartenständers und der Grund vieler tausend Touristen von Queenstown, viele Stunden im Bus auf dem Weg hierher zu verbringen: Der Mitre Peak, zu deutsch: Der mächtig gewaltige Stinker. Bei unserer Ankunft begrüßt er uns während der Ebbe. Aber genau so etwas erwartet man ja von einem Stinker. Und im Prinzip trägt hier auch eigentlich das Meer die Schuld.
Das schauen wir uns mal näher an, sagte der Mann am Nebentisch. Wir auch, denke ich und buche eine Tagestour im Fjord. Wenn wir schon mal da sind … Am nächsten Tag erwache ich mitten im Laufschritt und höre undeutlich Babsis Stimme, die mir zuflüstert: “Renn schon mal vor und halte das Schiff auf!” Hmmm das Schiff aufhalten … Klingt ganz nach einer Mission nach dem Geschmack eines alten Freiheitskämpfers. Leider fehlt mir die nötige Verbissenheit und ein Praktikum bei Greenpeace. Ich beschließe also einfach die Frau am Schalter mit Hundeblick anzuschauen und zu feixen. Ähhhh meine Freundin ist mal wieder spät dran. Ha, gut das ich beim Rennen immer etwas schneller bin, sonst würde ich wahrscheinlich jetzt Ärger bekommen. Unfassbar das wir selbst in Neuseeland immer noch zu spät dran sind. Das ändern wir … spätestens wenn wir wieder zurück in Deutschland sind … also vielleicht.
Es folgen ein paar Impressionen der kleinen Spritztour. Erst jetzt kann ich auch mit völliger Gewissheit sagen, dass es in dem Moment indem Bild Nr. Zwei aufgenommen wurde, nicht wirklich geregnet hat. Hat sich doch der Kapitän heimlich unter einen Wasserfall geschmuggelt. Das nächste Mal halte ich das Schiff nicht auf, ich übernehme es! Dann werde ich die Leute unter einem größeren Wasserfall parken!
Über viele Biegungen gleitet unser Schiffchen bis hinaus in die offene See. Um die Zeit zu überbrücken, serviert man sich selbst Kaffee und Tee. Um mich auf meine spätere Rolle als Kapitän schon einmal vorzubereiten, übe ich neben dem typischen Gesichtsausdruck auch schon mal das gleichzeitige Trinken aus zwei Kaffeetassen. Bei den Sparmaßnahmen der modernen Seefahrt, bleibt einfach keine Zeit mehr zum Schlafen.
Am Rande der Bucht hat das Fuhrunternehmen freundlicherweise einige Robben aufgestellt, um uns die Fahrt noch schöner zu machen. Leider sehen wir dieses Mal keine Delphine. Man kann ja nicht alles haben … und somit bleibt nur noch, sich einen weiteren Kaffee zu machen und die Rückfahrt anzutreten.
Ohne Umschweife zurück … natürlich nicht. Ein kleiner Stopp am hiesigen Aquarium muss schon drin sein. Ein tief in das Wasser herab gelassenes Bauwerk, zeigt uns was unter der Oberfläche verborgen liegt. Die auf dem Salzwasser aufliegende 10 cm starke Süßwasserschicht, hält einen großen Teil des Lichtes ab und ermöglicht somit Kreaturen der Tiefe etwas weiter oben zu wohnen. Nur das sie dabei begafft werden würden, hätten sie sich wahrscheinlich nicht erträumt. Ein ganz besonderer Freund ist die schwarze Koralle. Wenn man sie nicht auf Anhieb entdeckt, macht das nichts. Immerhin ist sie weiß. Ein Rundgang später befinden wir uns wieder auf der Oberfläche und dürfen uns den Mitre Peak nocheinmal aus einer anderen Perspektive anschauen.
Am Tag der Rückreise werden wir mit fröhlichem Getrommel im Morgengrauen geweckt. Ganz klar, Regen. Kein Wunder, dass man es Morgengrauen nennt. Zeit den Rückweg anzutreten. Immerhin wälzen sich schon beträchtlich viele Tourbusse der Straße entlang. Wir wälzen uns einfach dazwischen durch und stoppen am Chasm. Ein tief eingeschnittener Fluss, umgeben von dichtem Farnwald. Mittendrin wir und ein paar weitere regenfeste Rumtreiber.
Auf unserem Weg zum Auto konnten wir diesen armen verstörten Wanderer ausfindig machen. Wer angaben zu seiner Person hat, behält diese lieber für sich.
Wir machen uns lieber schnell auf den Weg, bevor wir noch weitere Halunken wie diesen treffen. Und keine Minute zu spät. Nach wenigen Metern auf der Straße bemerken wir, dass im Moment ein Rekordversuch im Gange ist. Die Berge um uns herum bersten vor kleiner Wasserfälle, Rinnsale und Flüsschen. Schöne Sache liebes Fremdenverkehrsamt.
Natürlich fragt man sich auf dem Weg nach oben, zurück zum Homer-Tunnel, ob sich Regen nicht manches Mal in Schnee verwandelt. Immerhin hat hier ein Jeder seine Schneeketten dabei und die Wettervorhersage verheißt nichts Gutes.
Wir verlassen den Tunnel und begegnen einer Flut Bremslichter. Die Leute haben panikartig überall auf und neben der Straße geparkt. Sie legen ihre Schneeketten an. 90 % Mietwagen garantieren ein ganz eigenes Schauspiel. Männergruppen, Frauengruppen und auch gemischte Teams machen sich ans Eingemachte. Die Schneeketten sind relativ schnell gefunden. Doch wie soll man diese anlegen. Steht leider nicht im Mietvertrag. Und so springt Papa aufgeregt ums Auto, während die Mama immer ein wenig vor bzw. zurück fährt. Kettenglieder fliegen, Reifen rutschen, ratlose Gesichter und Meinungsverschiedenheiten. Die Mädels im grünen Van vor uns, beschließen einfach die Sache auszusitzen. Würde ich ja auch machen, wenn es nicht gerade erst mit schneien angefangen hätte und kein Ende in Sicht ist. Und warum parken die gerade am Tunnel Aus- bzw. Eingang. Supi, ich muss irgendwie auf den Seitenstreifen. Kein Problem mit unseren in die Jahre gekommenen Sommerreifen. Der kleine gerupfte Kea am Straßenrand, scheint das Wetter aber auch nicht wirklich zu genießen.
Ich bin fast geneigt, in die Panik der anderen Autofahrer einzuschwingen, doch Babs hält mich davon ab. Nagut, dann mache ich das Nächstbeste. Aussteigen, Arme verschränken, besorgten Blick auflegen, Lage checken und ein Pläuschen mit dem Fahrer hinter mir führen. Herrlich. Männer im Schnee. Einer aus Thüringen, der andere aus Neuseeland. Die Achse der Verständigung. Wir philosophieren und kommen zu dem Schluss, dass wir warten sollten bis Familie A, die quer auf der Straße steht, weggefahren ist. Dann scheiden sich unsere Meinungen. Er sagt ohne Schneekette geht da nichts mehr, die Straße wird nicht gerade besser und ist recht steil. Ich wiederum sage, ich habe keine und muss ja schließlich runter. Wir schütteln Hände und ich setze den Baron im ersten Gang in Bewegung. Wir verstehen uns inzwischen blind und vertrauen einander. In Wirklichkeit habe ich mir natürlich fast in die Hose gemacht und musste immer wieder etwas Schokolade essen, um über die Runden zu kommen. Kaum bin ich losgefahren, folgen mir auch schon all jene, die ihre Schneeketten schon seit Stunden aufgezogen haben und warten das einer vor fährt. Wahrscheinlich folgen sie unserem roten Wagen aber auch nur, weil er rot ist. Zwei Schokoladen und einen Hosenwechsel später, erreichen wir das Ende der Abstiegspiste und kommen aus dem gröbsten heraus. Zurück nach Te Anau. Heißer Tee, eine Dusche und noch mehr Schokolade.
Das machen wir mal wieder. In zwanzig bis dreißig Jahren. Da habe ich dann auch eine gute Versicherung und Schneeketten. Bestimmt.
Bis die Tage,
die Rumtreiber